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Quality of Life Preis: Lilly Deutschland Stiftung zeichnet drei Wissenschaftlerinnen für herausragende Forschungsarbeiten zur gesundheitsbezogenen Lebensqualität aus

Bad Homburg, 26. April 2024. Die Lilly Deutschland Stiftung hat den mit insgesamt 10.000 EUR dotierten Quality of Life Preis 2023 an drei Wissenschaftlerinnen für ihre Arbeiten in der Lebensqualitätsforschung verliehen. Die prämierten Studien untersuchten die gesundheitsbezogene Lebensqualität von Menschen mit Adipositas, mit Psychosen sowie von Kindern mit einer seltenen Erkrankung. Die Preisträgerinnen wurden durch eine unab­hängige wissenschaftliche Jury ausgewählt.

Die Lilly Deutschland Stiftung vergibt den Quality of Life Preis bereits zum 27. Mal. Mit der Auszeichnung werden wissenschaftliche Arbeiten auf dem Gebiet der gesundheitsbezogenen Lebensqualität (Health-Related Quality of Life, HRQoL) gewürdigt. Damit möchte die Stiftung einen starken Impuls geben, dass Lebens­qualität stärker in Therapieentscheidungen berücksichtigt wird. „Vor allem für Menschen mit schweren chronischen Erkrankungen ist es bedeut­sam, dass die Behandlung nicht nur Symptome ver­bessert, sondern auch die Lebensqualität steigert“, so Dr. Cecilia Hanne, Geschäftsführerin der Lilly Deutschland Stiftung. „Daher fördern wir mit dem Quality of Life Preis die Integration von Paramatern zur systematischen Er­fassung und Bewertung von Lebensqualität im Behandlungsalltag.“ Die aktuell ausgezeichneten Arbeiten verdeutlichten Dr. Hanne zufolge in herausragender Weise die Relevanz von Lebensqualitätsforschung und leisteten einen beson­deren Beitrag zu einer besseren Gesundheitsversorgung für Betroffene.

So zeigte sich in der Publikation1 von Prof. Dr. Anja Hilbert vom Universitäts­klinikum Leipzig u.a., dass bei Menschen mit schwerer Adipositas nach einer bariatrischen Operation Essanfälle und damit einhergehende Essstörungen als geeigneter Vorhersagewert für eine langfristig geringere Verbesserung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität sowie Gewichtsreduktion herangezogen werden können. Dies spricht dafür, Störungen im Essverhalten auch langfristig, d.h. über das erste Jahr nach der Operation hinausgehend, zu beobachten. So­mit können jene Patient:innen identifiziert werden, die eine gezielte Prävention oder Psychotherapie benötigen, um optimal von der bariatrischen Operation zu profitieren.1 Denn die schwere Adipositas geht mit deutlichen Verschlech­terungen im Essverhalten wie z.B. Essanfällen und bestimmten Essstörungen einher, die sich negativ auf die Lebensqualität auswirken, durch eine bariatrische Operation aber verändert werden können.

Dr. Anja Christine Rohenkohl vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf unter­suchte in ihrer Arbeit2 die Lebensqualität bei Menschen mit Psychosen in der „Integrierten Versorgung – Hamburger Modell“ im Verlauf über fünf Jahre. Sie fand heraus, dass die Lebensqualität sich im Rahmen der Behandlung insgesamt verbessert, wobei nicht die Gesamtsymptombelastung in der Akutphase ent­scheidend ist, sondern vielmehr frühere traumatische Erfahrungen sowie die Verringerungen des Schweregrads der depressiven Symptome im klinischen Frühverlauf und der Positivsymptomatik. Für die klinische Praxis bedeutet dies, dass zusätzlich zur Behandlung von Positivsymptomen auch affektbelastete Pha­sen stärker berücksichtigt werden sollten.2 Dies kann zum Beispiel durch eine kombinierte Pharmakotherapie oder den verstärkten Einsatz von Psychotherapie (auch in der Langzeitbehandlung) umgesetzt werden, um so die Lebensqualität als relevanten prognostischen Faktor zu verbessern.

Die Arbeit3 von Prof. Dr. Silke Wiegand-Grefe vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf ermittelte die gesundheitsbezogene Lebensqualität und psy­chische Gesundheit bei Kindern und Heranwachsenden mit einer schweren, seltenen Erkrankung, deren Behandlungsmöglichkeiten trotz Fortschritten meist nur palliativer Natur sind. Als zentrales Ergebnis zeigte sich, dass die betroffenen Kinder deutlich schlechtere Werte der gesundheitsbezogenen Lebensqualität und psychischen Gesundheit im Vergleich zur Norm aufwiesen, besonders in sozialen und emotio­nalen Aspekten. Der Förderung sozialer Fähigkeiten, prosozialen Ver­haltens und von Peer-Beziehungen habe der Studie zufolge in der Behandlung der Betroffenen daher einen hohen Stellenwert, um Lebensqualität und psychi­sche Gesundheit angesichts der hohen Krankheitslast zu erhöhen.3

Die zum Quality of Life Preis 2023 eingereichten Arbeiten wurden von einer vier­köpfigen Jury aus namhaften Wissen­schaftlerinnen und Wissenschaftlern bewer­tet: Prof. Dr. Anne Karow vom Universi­tätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Zentrum für Psychosoziale Medizin; Prof. Dr. Thomas Kohlmann von der Universität Greifswald, Institut für Community Medi­cine; Prof. Dr. Matthias Rose von der Charité in Berlin, Medizinische Klinik mit Schwerpunkt Psychosomatik sowie Prof. Dr. Susanne Singer vom Institut für Me­dizinische Biometrie der Uni Mainz. Die Ausschreibung zum Quality of Life Preis 2024 wird voraussichtlich im Sommer 2024 starten und auf der Website der Lilly Deutschland Stiftung (https://lilly-stiftung.de/) bekannt gegeben.

Der Quality of Life Preis 2023 der Lilly Deutschland Stiftung wurde für herausragende Forschungsarbeiten zur gesundheitsbezogenen Lebensqualität verliehen (v.l.n.r.: Prof. Dr. Matthias Rose, Prof. Dr. Anne Karow, Dr. Anja Christine Rohenkohl, Prof. Jakob Bue Bjorner, Prof. Dr. Silke Wiegand-Grefe, Prof. Paul Kind, Prof. Dr. Anja Hilbert, Oliver Stahl, Prof. Dr. Susanne Singer, Prof. Dr. Thomas Kohlmann). ©Steffen Hildenbrand

 

Mit dem Quality of Life Preis 2023 ausgezeichnete Publikationen

„Nicht-normatives Essverhalten und Essstörungen und ihr Zusammenhang mit Gewichtsverlust und Lebensqualität während sechs Jahren nach einer Adipositas-Chirurgie“
Prof. Dr. rer. nat. Dipl.-Psych. Anja Hilbert, Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Universitätsklinikum Leipzig:[i]

Die Studie untersuchte die psychosozialen Veränderungen bei 748 Patient:innen mit schwerer Adipositas vor einer bariatrischen Operation und sechs Monate so­wie in jährlichen Abständen ein bis sechs Jahre danach. Dabei wurde ermittelt, wie sich das bei diesen Patient:innen häufig auftretende nicht-normative Ess­verhalten (d.h. Essen mit Kontrollverlust und Essstörungen wie die Binge-Eating-Störung (Essanfallsstörung) und die Bulimia nervosa (Ess-Brech-Sucht)) im zeit­lichen Verlauf verändert und auf die gesundheitsbezogene Lebensqualität aus­wirkt. Ein neues, praxisrelevantes Ergebnis der Studie ist, dass nicht-normatives Essverhalten während der Nachbeobachtung als prospektiver Prädiktor für eine langfristig verminderte Verbesserung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität und einen geringeren Gewichtsreduktionserfolg herangezogen werden können. Dies hebt die Relevanz eines langfristigen, über das erste Jahr nach der Opera­tion hinausgehenden Monitorings von Essverhalten und Essstörungen nach einer bariatrischen Operation hervor, um Patient:innen zu identifizieren, die eine ge­zielte Prävention oder Psychotherapie benötigen, was im Behandlungsalltag der­zeit in dieser Form noch nicht durchgeführt wird.

„Gesundheitsbezogene Lebensqualität bei schweren psychotischen Störungen in der integrierten Versorgung: 5-Jahres-Verlauf, Vorhersage und Auswirkungen auf die Behandlung“
Dr. Dipl.-Psych. Anja Christine Rohenkohl, Zentrum für Psychosoziale Medizin, Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Universitätsklinik Hamburg-Eppendorf:[ii]

Am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf ist die „Integrierte Versorgung – Hamburger Modell“ seit mehr als 15 Jahren fester Bestandteil in der Versorgung von Menschen mit affektiven und nicht-affektiven Psychosen. Gesund­heits­bezogene Lebensqualität wurde seit Beginn als starkes, patientenzentriertes Ziel­kriterium im Selbstbericht in der begleitenden Qualitätssicherungsstudie erfasst. Die Ergebnisse zur Lebensqualität im Fünf-Jahresverlauf zeigen u.a., dass die Gesamtsymptombelastung in der Akutphase nicht entscheidend für die wahr­genommene Lebensqualität im Langzeitverlauf ist, dass Trauma ein relevanter Faktor ist, der Lebensqualität negativ beeinflusst, sowie dass eine Abnahme im Schweregrad depressiver Symptome ebenso relevant ist wie die Behandlung positiver Symptome. Diese Faktoren nehmen den größten Einfluss auf das sub­jektive Befinden im Langzeitverlauf. Die Ergebnisse machen damit die Relevanz einer frühzeitigen Behandlung von affektbelasteten Phasen und psychotherapeu­tischen Intervention bei Menschen mit Psychosen deutlich.

„Gesundheitsbezogene Lebensqualität und psychische Gesundheit von Familien mit Kindern und Jugendlichen, die von seltenen Krankheiten und hoher Krankheitslast betroffen sind: Perspektive der betroffenen Kinder und ihrer Geschwister“
Prof. Dr. rer. nat. Dipl.-Psych. Silke Wiegand-Grefe, Zentrum für Psychosoziale Medizin, Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, -psychotherapie und -psychosomatik, Universitätsklinik Hamburg-Eppendorf:[iii]

Die Arbeit untersuchte die gesundheitsbezogene Lebensqualität von 62 Kindern und Heranwachsenden zwischen 0 und 18 Jahren, die aufgrund einer seltenen, neuro­muskulären Erkrankung wie spinaler Muskelatrophie oder Duchenne Muskel­dystrophie auf Langzeitbeatmung angewiesen sind. Daneben wurde auch die psychische Gesundheit der betroffenen Kinder wie auch ihrer Eltern und Ge­schwister beurteilt. Die betroffenen Kinder wiesen deutlich schlechtere Werte der gesundheits­bezogenen Lebensqualität und psychischen Gesundheit auf als eine normative Vergleichsgruppe. Besonders in den sozialen und emotionalen Aspek­ten waren die Kinder und Jugendliche mit einer seltenen Krankheit beeinträchtigt. Daher können sich der Studie zufolge therapeutische Interventionen in erster Li­nie auf die Förderung sozialer Fähigkeiten und Beziehungen, prosozialen Verhal­tens und von Peer-Beziehungen konzentrieren. Aufgrund der hohen Krankheits­last der betroffenen Kinder und der hohen Belastung ihrer Eltern und Geschwis­ter durch das Krankheitsmanagement bei durch medizinische Behandlungen ver­längerter Lebensdauer sind die gesundheitsbezogene Lebensqualität und die psychische Gesundheit dieser beeinträchtigten Bevölkerungsgruppe von zuneh­mender Bedeutung.

[i] Hilbert et al. Nonnormative Eating Behaviors and Eating Disorders and Their Associations With Weight Loss and Quality of Life During 6 Years Following Obesity Surgery. JAMA Network Open. 2022;5(8):e2226244. doi:10.1001/jamanetworkopen.2022.26244

[ii] Rohenkohl et al. Health‑related quality of life in severe psychotic disorders during integrated care: 5‑year course, prediction and treatment implications (ACCESS II). Health and Quality of Life Outcomes (2022) 20:133. https://doi.org/10.1186/s12955-022-02039-0

[iii] Wiegand‑Grefe et al. Health‑Related Quality of Life and mental health of families with children and adolescents affected by rare diseases and high disease burden: the perspective of affected children and their siblings. BMC Pediatrics (2022) 22:596 https://doi.org/10.1186/s12887-022-03663-x